Nachhaltige Baustoffe: Welche Rolle alternative Materialien für Grüne Architektur spielen

Gebäude aus Holz mit Wiese im Vordergrund

Die Themen Klimaschutz und Ökologie bewegen die Gesellschaft – und haben längst auch die Baubranche erreicht: Nachhaltige Baustoffe liegen im Trend. Beim Eigenheimbau, bei Groß- und Sanierungsprojekten setzen Planer und Architekten verstärkt auf umweltfreundliche Materialien. Welche es gibt und was sie auszeichnet, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Die Baubranche nimmt eine wichtige Rolle beim Erreichen der Klimaziele ein. Ein Drittel aller CO₂-Emissionen einer Immobilie fällt bereits vor ihrer Nutzung an: Laut NABU ist die Produktion von Materialien zum Bau und zur Modernisierung für etwa acht Prozent der deutschen CO₂-Emissionen verantwortlich. 

Was zeichnet nachhaltige Baustoffe aus?

Die Kriterien für nachhaltige Baustoffe betreffen nicht nur das Material an sich. Vielmehr muss der gesamte Kreislauf von der Herstellung bis zur Entsorgung betrachtet werden. Umwelt- und klimafreundliche Baustoffe sollten daher:

  • möglichst nachwachsend sein und unter ökologisch einwandfreien Bedingungen gewonnen werden.
  • unter geringem Energieaufwand und umweltfreundlich hergestellt sein.
  • wenig Aufwand für den Transport zur Baustelle benötigen.
  • beständig und reparaturfreundlich sein.
  • frei von Schadstoffen und gesundheitlich unbedenklich sein.
  • umweltverträglich zu entsorgen oder recyclingfähig sein.

Welche Vorteile bieten nachhaltige Baustoffe neben dem ökologischen Aspekt?

Gesundheit und Wohlbefinden

Umweltfreundliche Baumaterialien sind frei von gesundheitsschädlichen Substanzen und können die Qualität der Raumluft positiv beeinflussen. Darüber hinaus empfinden viele Menschen das Wohnen mit natürlichen Materialien wie Holz oder Kork behaglicher: Die Raum- und Oberflächentemperaturen sowie Luftqualität und Haptik werden als besonders angenehm empfunden.


Gestaltungsspielraum und Energieeffizienz

Gebäude aus umweltfreundlichen Materialien wie Holz bieten mittlerweile den gleichen Gestaltungsspielraum wie konventionell gebaute Häuser. Zudem sind moderne Häuser aus dem nachwachsenden Rohstoff echte Hightech-Bauten, da viele Komponenten industriell vorgefertigt werden.
Ausgestattet mit einer leistungsstarken Wärmedämmung und innovativer Heiztechnik auf der Grundlage regenerativer Energien, lassen sich mit Holz oder anderen umweltfreundlichen Materialien Gebäude im Niedrigenergie- oder Passivhausstandard realisieren.


Hohe Wirtschaftlichkeit

Im direkten Vergleich mit konventionellen Baumaterialien sind umweltfreundliche Alternativen nicht zwingend teurer. Vielfach sind es Sonderkonstruktionen oder die gewählten Ausbaustufen, die höhere Kosten verursachen.
Mitunter können Gebäude mit einem hohen Anteil nachhaltiger Baustoffe in der Investition kostspieliger sein. Jedoch gilt es dabei, die Gesamtkosten im Lebenszyklus des Gebäudes zu betrachten. Planer nutzen hierfür in der Regel spezielle Software, um die Wirtschaftlichkeit und die Nachhaltigkeit einer Immobilie zu berechnen und darzustellen.

Real Estate Jobbörse

Ihr Herz schlägt für die Baubranche? In unserer Jobbörse finden Sie passende Stellenausschreibungen.

Welche alternativen Baustoffe gibt es?

Holz

Nachwachsend, regional verfügbar und recyclingfähig: Aufgrund dieser Eigenschaften gilt Holz als die ideale Alternative zu Beton. Darüber hinaus ist es leicht und gleichzeitig belastbar. Seine hervorragenden Dämmeigenschaften machen es zudem zum bevorzugten Baustoff für energieeffiziente Häuser. Unverzichtbar für Grüne Architektur wird Holz jedoch aufgrund seiner hervorragenden CO₂-Bilanz: Jeder Baum bindet während seines Lebens CO₂ aus der Luft. Weiterhin ist die CO₂-Emission bei der Verarbeitung von Holz für die Bauindustrie deutlich geringer als bei konventionellen Baustoffen.


Lehm

Lehm zählt zu den ältesten Baustoffen der Welt. Im Zuge eines stärkeren Umweltbewusstseins erlebt er derzeit ein Comeback. Die Mischung aus Ton, Sand und Schluff ist regional verfügbar, leicht zu verarbeiten und zu 100 Prozent wiederverwertbar. Darüber hinaus ist Lehm frei von Schadstoffen, filtert die Raumluft und reguliert die Temperatur. Da Lehm nicht witterungsbeständig ist, kommt er überwiegend im Innenausbau als beispielsweise Dämmung zum Einsatz – das gilt sowohl für Neubauten als auch für Sanierungen.


Hanfbeton

Nachhaltiger Beton aus Hanffasern und Kalk: Hanfbeton-Ziegeln vereinen die Stabilität von Beton und die Leichtigkeit von Hanf und Kalk. Der nachhaltige Baustoff besitzt eine negative CO₂-Bilanz, ist schwer entflammbar, speichert Wärme und absorbiert Geräusche. Der Nachteil: Hanfbeton ist nicht besonders druckfest, was den Einsatz bei mehrgeschossigen Bauvorhaben erschwert.


Stroh

Der nachwachsende Baustoff Stroh ist regional verfügbar, besitzt ausgezeichnete Dämmeigenschaften und kann CO₂ binden. Da Stroh in gepresster Form ähnliche Eigenschaften wie Holz aufweist, ist er im ökologischen Hausbau sehr gefragt.


Kork

Kork ist ein Klassiker unter den nachhaltigen Baustoffen. Seit dem 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung wird die Rinde der immergrünen Korkeiche (Quercus suber) in Südwesteuropa und Nordwestafrika geschält und weiterverarbeitet. Heute stammt Kork vorwiegend aus Portugal.

Korkeichen werden nach 20 Lebensjahren alle neun bis zwölf Jahre geschält und unter anderem zu Dämmstoff verarbeitet – entweder als Platten oder als Schüttmaterial. Recycelte Flaschenkorken kommen hier ebenfalls zum Einsatz. Kork weist eine Vielzahl an überzeugenden Eigenschaften auf. Hierzu zählen das geringe Gewicht, die hohe Elastizität und die Komprimierbarkeit. Weiterhin ist Kork unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit, wärme- und schallisolierend, schwer entflammbar und langlebig. In der Grünen Architektur schätzt man Kork als Fußbodenbelag und – je nach Verarbeitungsform – als Trittschall-, Dach- und Hohlraumdämmung.

Welche Gütesiegel kennzeichnen nachhaltige Baustoffe?

Blauer Engel

Das Umweltsiegel "Blauer Engel" kennzeichnet vielfältige Produkte des Alltags, darunter neben Möbeln, Papieren und Elektrogeräten auch Baustoffe. Bodenbeläge und Dämmmaterialien können ebenso mit dem Blauen Engel ausgezeichnet werden, wie Farben oder Putze. Gut zu wissen: Bei der Vergabe des Siegels legen die Prüfer aktuelle Standards zugrunde, sodass die Hersteller ihre Produkte kontinuierlich verbessern müssen.
 

Eco Institut

Seit über 25 Jahren zeichnet die Eco-INSTITUT Germany GmbH besonders umweltfreundliche Baustoffe, Möbel, Einrichtungs- und Alltagsgegenstände aus. Es handelt sich beim Eco Institut um ein privatrechtliches Unternehmen, das die Unabhängigkeit seines Umweltsiegels mit einer ISO-Zertifizierung belegt.

 

IBU

Im Institut Bauen und Umwelt, kurz IBU, haben sich verschiedene Hersteller von Baustoffen organisiert. Gemäß der Environmental Product Declaration (EPD) bewertet der Zusammenschluss Baustoffe im Hinblick auf ihre Ökobilanz. Die Besonderheit: Das IBU zeichnet die Einwirkung auf die Umwelt während des gesamten Produktlebenszyklus aus.

 

Nature Plus

Das Umweltgütesiegel Nature Plus gilt als besonders streng und wissenschaftsbasiert. Der unabhängige, europaweit agierende Verein beauftragt verschiedene Gutachter und Labore mit der Prüfung von Baumaterialien im Hinblick auf Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Wohngesundheit. Von der Gewinnung des Rohstoffes bis zur Entsorgung stellt Nature Plus das jeweilige Produkt auf den Prüfstand.

 

FSC

Bei Holzprodukten kommen Planer und Bauherren am FSC-Siegel nicht vorbei. Das internationale Gütesiegel für nachhaltige Waldwirtschaft gibt Aufschluss darüber, ob die Produkte aus verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern stammen. Dies beinhaltet auch den Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten, die Wahrung der Rechte von Arbeitnehmern und Ureinwohnern. Gut zu wissen: Ein nach FSC-Kriterien zertifizierter Wald ist keinesfalls sich selbst überlassen, sondern bewirtschaftet - wenngleich unter ökologischen Aspekten.

Fazit: Nachhaltige Baustoffe sind gekommen um zu bleiben

Klimawandel, Energiekrise, Natur- und Artenschutz – diese, in der öffentlichen Diskussion allgegenwärtigen Themen, haben nachhaltige Baustoffe in den Fokus gerückt. Besonders beim Bau energieeffizienter Wohn- und Gewerbeimmobilien kommen sie bereits verstärkt zum Einsatz. Die mitunter höheren Kosten bei der Beschaffung machen die klimafreundlichen Materialien mit Langlebigkeit und hervorragenden Dämm-, Lärm- und Brandschutzeigenschaften wett.

Bilder Quelle: Adobe Stock